Studienergebnisse
Studienergebnisse
Rinder, Schweine, Geflügel, Schafe, Ziegen und Pferde sind als Nutztiere ein wichtiges ökonomisches Gut für Österreich. Die wirtschaftlichen Kernaktivitäten der Betriebe der Nutztierhaltung reichen von der Futtermittelproduktion über Zucht und Haltung bis hin zur industriellen Verarbeitung tierischer Produkte. Darüber hinaus sind Nutztiere von großer Bedeutung für Kulturlandschaften, den Tourismus, für technologische Innovationen, für die Kreislaufwirtschaft und zahlreiche soziale Aspekte des gesellschaftlichen Lebens.
Leistungsspektrum der Nutztierhaltung
Hinsichtlich der unterschiedlichen Nutztiersparten zeigt sich ein Schwerpunkt in der umsatzstarken Rinder- und Schweinehaltung. Die durchschnittliche Tieranzahl pro Betrieb variiert je nach Tierart und spiegelt die unterschiedlichen Haltungsformen und Nutzungs-zwecke wider. Über sämtliche Tiersparten hinweg wird die Nutztierhaltung in Österreich mehrheitlich konventionell betrieben, wobei auch biologischer Haltung eine signifikante Bedeutung zukommt.
Der Verkauf von Jung- und Schlachttieren stellt bei allen Tierarten ein wichtiges Geschäftsmodell dar. Die Erzeugung von Eiern und Eiererzeugnissen bzw. von Milch und Milchprodukten ist naturgemäß in der Geflügelhaltung bzw. bei Rindern von wirtschaftlicher Bedeutung. Aber auch z.B. in der Ziegenhaltung spielt die Milchproduktion eine wichtige Rolle. Die Fleisch- und Fleischwarenerzeugung ist über alle Tiergruppen hinweg ein inkrementeller Teil des wirtschaftlichen Leistungsportfolios.
Produkte, welche nicht primär für den Verzehr bestimmt sind (wie etwa bei Schafen die Wolle), werden vor allem in der Schaf- und Ziegenhaltung hergestellt. Die Erzeugung von Abfall- und Nebenprodukten ist über alle Tiergruppen hinweg bedeutend. Die Zucht und der Verkauf von Zuchttieren sind insbesondere in der Rinder- sowie in der Schaf- und Ziegenhaltung weit verbreitet.
Die Pferdehaltung nimmt innerhalb der österreichischen Nutztierhaltung eine Sonderstellung ein, da sich ihre Leistungsstruktur grundlegend von jener anderer Tiersparten unterscheidet.
Überdurchschnittliche Kostensteigerungen
Wie sich marktliche Umsätze über die Zeit entwickeln, hängt von vielen Einflussgrößen ab. Besonders wichtig ist die Dynamik von Preisen, welche nicht zuletzt in Abhängigkeit zur Marktmacht der einzelnen Marktteilnehmer sowie zu Nachfrageelastizitäten der Abnehmermärkte stehen. Die konkreten Systeme der Marktpreisbildung gestalten sich in der Praxis komplex und unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Tierbranchen. Über sämtliche Tiersparten hinweg ist in den vergangenen fünf Jahren – die insgesamt von einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung geprägt waren – und auf Grundlage der erbrachten Leistungen ein durchschnittlicher (nomineller) Umsatzzuwachs von 18 % zu verzeichnen.
Die finanzielle Belastung ist im Vergleich dazu jedoch überdurchschnittlich angestiegen. Im selben Fünfjahres-Zeitraum und über alle Tiersparten hinweg hat sich die Kostenbelastung mit durchschnittlich 36,6% mehr als verdoppelt. Dies setzt die Betriebe enorm unter Druck.
Gesamtwirtschaftliche Effekte der Nutztierhaltung
Die Betriebe der Nutztierhaltung generieren mit ihren wirtschaftlichen Kernaktivitäten (inkl. „Urlaub am Bauernhof“) österreichweit Produktion, Wertschöpfung, Beschäftigung und Steuerleistungen. Sie tragen entscheidend zum gesellschaftlichen Wohlstand bei.
Im Jahr 2024 beträgt die unmittelbare Wirtschaftsleistung der Nutztierbetriebe Öster-reichs 7,2 Mrd. Euro. Werden vorgelagerte Wertschöpfungseffekte in anderen Wirt-schaftsbereichen und kausal über Arbeits- und Kapitalmärkte ausgelöste Konsum-/Inves-titionseffekte hinzugerechnet, so sind es gesamtwirtschaftlich mehr als 15,6 Mrd. Euro an Produktionswert, die ihren Ursprung in der österreichischen Nutztierhaltung haben. Das entspricht 1,6% der gesamtwirtschaftlichen Produktion Österreichs.
An gesamtwirtschaftlicher Wertschöpfung werden mittel- und unmittelbar 6,7 Mrd. Euro generiert (direkt: 3,0 Mrd. Euro; indirekt und induziert: 3,7 Mrd. Euro) – zusätzlich wer-den 182.500 Arbeitsplätze bzw. 143.600 Vollzeitäquivalent (VZÄ), wovon 126.200 Personen direkt in den Betrieben mit Nutztieren tätig sind (97.500 VZÄ), gesichert. Insgesamt werden 3,6% der Beschäftigungsverhältnisse in der österreichischen Volkswirtschaft durch Nutztiere geschaffen. Die ausgelösten gesamtwirtschaftlichen Fiskal- und Sozialbeitragseffekte belaufen sich inkl. Vorleistungsverbund auf 1,6 Mrd. Euro (exkl. Körperschaftssteuer).
Durch regionale Konzentrationen wird ein wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Resilienz erbracht. Im absoluten Regionalranking folgen auf Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark die weiteren Bundesländer, wobei Wien als Dienstleistungshochburg eine Sonderrolle einnimmt.
Tourismuseffekte im weiteren Sinne
Nutztiere pflegen das Landschaftsbild. Natur und Landschaft sind die wichtigsten Entscheidungskriterien für die Wahl Österreichs als Urlaubsdestination.
Werden über den Faktor „Urlaub am Bauernhof“ hinausgehende Tourismuseffekte für eine volkswirtschaftliche Einordnung berücksichtigt, so erhöhen sich die Effekte. Es sind 9,0 Mrd. Euro an Produktionswert, 4,8 Mrd. Euro Wertschöpfung und 82.700 Arbeitsplätze, welche dem Wirtschaftsfaktor Nutztiere in der statistischen Abgrenzung der Kernaktivitä-ten hinzu zurechnen wären. Diese Dimension verkörpert eine modellarische Obergrenze, rückt allerdings mehr die Tourismuswirtschaft und weniger die eigentlichen Prozesse der Nutztierhaltung in den Vordergrund.
Absatzstrukturen
Die Betriebe der Nutztierhaltung Österreichs haben eine wichtige Hebelfunktion für zahllose andere Güter und Dienstleistungen in der heimischen Volkswirtschaft. Sie schaffen Wettbewerbsfähigkeit in nachgelagerten Unternehmen z.B. der Getränke- und Nahrungsmittelindustrie, des Beherbergungs- und Gastronomiewesens oder der Energieversorgung. Über weiterführende Güterverästelungen profitieren etwa auch der Maschinen- und Anlagenbau, die Fahrzeugproduktion oder die chemische Industrie.
Die Absatzmärkte der österreichischen Nutztierbetriebe sind in erster Linie national geprägt. Internationale Verkäufe spielen bei Pferden (etwa über private Pferdebesitzer und Züchter), Rindern (über Zuchtorganisationen) und vereinzelt auch bei Ziegen (über Molkerei, Käserei, Viehhandel) eine signifikante Rolle.
Die Vermarktungswege unterscheiden sich je nach Tierart. Schweine werden hauptsächlich als Schlachtschweine über Erzeugerorganisationen oder Direktbeziehungen zwischen Mäster und Schlachthof verkauft. Geflügel werden als Küken oder Jungtiere eingestallt, Mastgeflügel gehen bei Erreichung des Schlachtgewichtes an Schlachthöfe. Rinder werden häufig als Kälber oder laktierende Kühe an andere Rinderzüchter verkauft, während Pferde, Schafe und Ziegen überwiegend als Jungtiere vermarktet werden. Pferdehalter nutzen vor allem Online-Verkaufsplattformen und Zuchtveranstaltungen, während Schaf- und Ziegenhalter verstärkt auf Direktvermarktung setzen.
Gesellschaftliche Wahrnehmung
Abseits der großen Bedeutung von Nutztieren für die Ernährung der Bevölkerung bzw. zur Herstellung von tierischen Lebensmitteln, aber ebenso im Zusammenhang mit touristischen Angeboten, haben diese eine erhebliche systemische Strahlkraft – als Sinnbild für Sozial- und Kulturgüter, zur Dynamisierung der Grünen Transformation oder als Triebfeder für Forschung, Technologie und Innovation. Diese erweiterten Effekte lassen sich nur bedingt quantifizieren, sind aber von Relevanz.
So manche öffentlichen Erwartungen stimmen nicht mit dem tatsächlichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum von Betrieben überein. Während gesetzliche Vorgaben, Qualitätsstandards und Tierwohlprogramme stetig steigen, bleibt die gesellschaftliche Wertschätzung häufig aus. Gleichzeitig sinkt die Kenntnis über landwirtschaftliche Praxis, was Missverständnisse über Produktionsprozesse verstärkt. Die Landwirtschaft sieht sich in der Rolle, Aufklärungsarbeit zu leisten, um realistische Erwartungen, faire Bewertungen und informierte Konsumentscheidungen zu ermöglichen.
Es ist wichtig, den Betrieben Sichtbarkeit, Akzeptanz sowie eine faire Abgeltung zukommen zu lassen; gerade in einem Umfeld, in dem Konsumentscheidungen zunehmend von individuellen Werthaltungen, Informationslagen und medialen Diskursen geprägt sind. Durch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Konsumverhalten, Tierwohlstandards und ökonomischen Rahmenbedingungen kann die Nutztierhaltung in ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Bedeutung nachhaltig verankert werden.
Ausblick
Die Marktsituation hat sich in den letzten fünf Jahren in den einzelnen Tiersparten unterschiedlich entwickelt und wird bisweilen durch die starke Kostendynamik (Futtermittel, tierärztliche Versorgung, Energie etc.) geprägt.
Die Betriebe der Nutztierhaltung sehen sich in einer aktuell schwierigen internationalen Wettbewerbssituation, die mit steigenden Produktionskosten oder strengen Umwelt- und Tierschutzauflagen verknüpft ist. Die Erwartungen an die Politik und Gesellschaft sind vielfältig: Verbesserte Transparenz und Planungssicherheit, vereinfachte Bürokratie, faire grenzüberschreitende Rahmenbedingungen, ein entwickeltes Fördersystem oder die Anerkennung sowie faire Abgeltung der Leistungen, welche die Landwirtschaft für Ernährungssicherheit, Kulturlandschaft und Wertschöpfung erbringt.
Trotz dieser diffizilen Gemengelage zeigt sich ein konstruktiver Blick nach vorne, der sich nicht zuletzt im Investitionsverhalten oder der Bereitschaft zu einem konstruktiven Zukunftsdialog zeigt. Der Wirtschaftsfaktor Nutztierhaltung soll und muss auch in Zukunft positive Impulse für unser modernes Gesellschaftssystem aussenden können.











