Starker Kopf. Starker Stall.

Starker Kopf. Starker Stall.

Mentale Stärke am Betrieb – im Gespräch mit Babara Plattner-Huss und dem Beratungsteam von Lebensqualität Bauernhof

Begleitend zur aktuellen Studie übersetzen wir Zahlen in Praxis: Was bedeuten die Erkenntnisse für den Alltag am tierhaltenden Betrieb – zwischen Fütterung, Stallklima und Dokumentation? Im Interview erklären die Expert:innen, wie man Warnzeichen früh erkennt, welche Schritte sofort entlasten und wo es verlässliche Anlaufstellen gibt.

Woran merke ich früh, dass es zu viel wird am Hof?
Babara Plattner-Huss:
Schlafprobleme, Grübeln, am Morgen schon erschöpft sein. Viele ziehen sich zurück, streichen Dinge, die früher Freude gemacht haben, und reagieren schneller gereizt – dann häufen sich Konflikte im Betrieb oder in der Familie. Ein weiteres Warnsignal ist das Gefühl, alles allein tragen zu müssen, verbunden mit fehlender Wertschätzung. Genau dann lohnt ein ehrlicher Selbstcheck – am besten mit einer kurzen Checklist.

Hier geht’s zum Selbstcheck: https://www.lebensqualitaet-bauernhof.at/media.php?filename=download%3D%2F2024.08.08%2F172311190361382.pdf&rn=Selbstreflexion_Checkliste.pdf

Was hilft, um rechtzeitig gegenzusteuern?
Plattner-Huss:
Abstand. Eine Kur, eine Gesundheitswoche, ein Aktivcamp, auch nur ein halber Tag in anderer Umgebung – Distanz macht den Kopf frei und zeigt: Veränderung ist möglich. Hilfreich sind außerdem klare Grenzen: öfter Nein sagen, Pausen fix einplanen, kleine Rituale zum Umschalten (Arbeitskleidung aus, kurze Hofbesprechung, dann Familienzeit). Und: Dinge, die Freude machen, bewusst wieder in den Alltag holen. Wer möchte, holt sich präventiv Unterstützung über Beratungsgespräche.

Im Mehrgenerationenbetrieb kommt es schnell zu Konflikten. Was bewährt sich?
Plattner-Huss:
Rollen klären! Am Tisch sind wir Familie, im Stall Kolleg:innen. Hilfreich sind regelmäßige Betriebsbesprechungen getrennt vom Familientisch und schriftlich festgehaltene Aufgaben (Tiergesundheit, Finanzen, Vermarktung).

Was tun, wenn plötzlich etwas passiert – Unfall, familiärer Schicksalsschlag?
Maria Wegerer: Im Ernstfall zählt Struktur: Unaufschiebbare Arbeiten sichern und rasch Ersatz organisieren. Eine vorbereitete Notfallmappe mit Kontakten, Betriebsdaten und Abläufen erleichtert die Übergabe.

Hier gibt’s weitere praktische Tipps:
Fachartikel: Ausfall einer Arbeitskraft – was tun? Ausfall einer Arbeitskraft – was tun? (Teil 1) | Landwirtschaftskammer Oberösterreich
Fachartikel: Ausfall einer Arbeitskraft – was tun? (Teil 2) Ausfall einer Arbeitskraft – was tun? (Teil 2) | Landwirtschaftskammer Oberösterreich

Wohin kann ich mich jetzt konkret wenden?
Plattner-Huss:

  • Bäuerliches Sorgentelefon: 0810 / 676 810 (Mo–Fr, 8:30–12:30; österreichweit, anonym, zum reduzierten Tarif).
  • Lebensqualität Bauernhof: Psychosoziale Beratungsstellen in allen Bundesländern – von Coaching bis Mediation, auch präventiv.
  • Happy am Hof: Seminare zu Resilienz, Stress- & Zeitmanagement, Kommunikation/Mediation und Gesundem Führen – online oder vor Ort.

Wenn die Überforderung am Hof wächst, ist das kein persönliches Versagen – es sind Signale. Wer sie ernst nimmt, gewinnt Klarheit und Handlungsspielraum zurück. Ein Anruf, ein Gespräch, ein kleiner Schritt heute kann den ganzen Betrieb entlasten – für dich, dein Team, deine Schweine. Drüber reden hilft. Auch am tierhaltenden Betrieb.

Babara Plattner-Huss; © Privat